Die Masern feiern in Österreich ein vermeintlich fröhliches Stelldichein. Wobei: fröhlich ist das natürlich nicht, die Masern sind nicht die harmlose Kinderkrankheit als die sie so gerne verharmlost werden, sondern eine gefährliche hoch ansteckende Viruserkrankung mit einer Komplikationsrate von gut 20%. Oder anders gesagt: jeder 5. Fall landet im Krankenhaus. 2024 gab es in Österreich 542 bestätigte Masernfälle, 127 davon mussten im Krankenhaus behandelt werden, 4 Personen auf der Intensivstation. Diese Zahlen bedeuten aber auch, dass sich die Anzahl der Masernfälle von 2023 auf 2024 verdreifacht hat. Laut Übersicht auf ORF.at ist das der mit Abstand höchste Wert an Infektionen seit 2003 in Österreich. Besorgniserregend ist, dass 95% der Erkrankten ungeimpft waren, während die restlichen 5% nur eine Teilimpfung erhalten hatten. Oder anders gesagt: Wir haben in Österreich eine massive Impflücke, die uns von Jahr zu Jahr mehr Probleme bereiten wird.
Immer öfter betroffen sind Personen, die zwischen 1970 und 1999 geboren wurden; in dieser Gruppe sind etwa 10% nicht oder nicht ausreichend immunisiert. Dies führt dazu, dass zunehmend Erwachsene im Alter von Mitte 30 bis Mitte 50 an Masern erkranken. Dazu kommt eine größer werdende Anzahl an Kindern, die vor allem wegen Desinformationskampagnen aus dem verschwörungstheoretischen Umfeld und der FPÖ, nicht mehr geimpft werden. Es geistern auch weiterhin die bereits zigfach widerlegten Behauptungen wonach die MMR-Impfung (Masern-Mumps-Rötel) „für Autismus bei Kindern“ verantwortlich sei. Oder die ebenfalls faktenbefreite Meinung, dass es besser für die Kinder sei, eine Erkrankung durchzumachen. Angesichts der vielen möglichen Nebenwirkungen einer Masern-Erkrankung ein Trugschluss, der für viele betroffene Kindern zu unsagbarem Leid und unnötiger Gesundheitsgefährdung führt.
Um die Ausbreitung der Masern einzudämmen, ist es essenziell, die Immunitätslücken zu schließen. Die Impfung ist in Österreich kostenlos und kann in jedem Alter nachgeholt werden. Personen ohne Impfnachweis wird empfohlen, ihren Impfstatus beim Hausarzt zu überprüfen und gegebenenfalls die Impfung nachzuholen. Aber dazu braucht es zuerst auch die Bereitschaft sich impfen zu lassen. Angesichts der vielen Verunsicherung, die von einschlägiger Seite zum Schlagen politischen Kleingelds herumgeistert, werden wir uns also auch um das Thema Aufklärung und Berichtigen von Desinformation kümmern müssen. Das geht aber nicht mit dem Zeigefinger erhoben, und geht auch nicht in einer unverständlichen wissenschaftlichen Sprache. Wir brauchen also für die dringend nötige Kampagne Verständlichkeit, Augenhöhe und das nötige Grundverständnis, dass natürlich auch viele Menschen ob der gezeichneten Horrorszenarien in den vielen Desinformationkampagnen verunsichert sind. Ebenfalls sollte uns bewusst sein, dass wir auch in der Sprache kommunizieren sollten, die verstanden wird. Was meine ich? Gerade bei einer wichtigen gesundheitlichen Entscheidung ist es gut, wenn Menschen verstehen, warum es gescheit ist sich impfen zu lassen. Das geht in der oft viel gebräuchlicheren Muttersprache – gerade bei Menschen mit Migrationshintergrund aus den oben erwähnten Geburtsjahren 1970 bis 1999 deutlich leichter. Da bricht uns allen kein Zacken aus der Krone, wenn in entsprechenden Kampagnen es auch Unterlagen in anderen Sprachen gibt. Wichtig ist, dass die betroffenen Personen gut und vor allem verständlich informiert werden, und so auch die nötige Entscheidung zum Nachholen einer Impfung treffen anstatt weiterhin mit dem Risiko behaftet zu sein selber zu erkranken, oder…
…oder damit auch zur Gefahr für andere zu werden. Weil einen Aspekt gibt es auch noch: Für Babys wird die Impfung erst ab 9 Monaten empfohlen, die Zweitimpfung dann mit 12 Monaten. bzw. ab dem ersten Lebensjahr 4 Wochen nach der Erstimpfung. Erst dann besteht ein Immunschutz. Anders gesagt: Babys, die noch nicht geimpft wurden, sind besonders gefährdet mit Masern von anderen angesteckt zu werden. Hier besteht dann natürlich auch die Gefahr, dass es zu vermehrten Komplikationen kommt, zu Folgeerscheinungen wie Gehirnentzündung, Mittelohrentzündungen mit langfristigen Folgen oder lebensbedrohlichen Lungenentzündungen. Gerade bei Masern wird der Grundsatz, dass Impfen auch immer ein Akt der Solidarität ist, besonders deutlich.
Bleibt also noch die Ausgangsfrage: Waren die Masern jemals weg? Nein, in einem durchaus impfkritischen Land wie Österreich, waren sie nie ganz weg. Aber – und auch das zeigt die Graphik im weiter oben verlinkten Artikel auf ORF.at – wir hatten es deutlich besser im Griff, bis auf Ausreisser-Jahre. Was sich übrigens auch zeigt: In den Jahren der Pandemiebekämpfung, wo also Maske tragen und Abstand halten angesagt waren, gab es auffällig wenige Masernfälle. Ein Aspekt, der auch auf andere Krankheiten wie beispielsweise die Influenza, zutrifft.
Wenn wir also uns vor Masern und den Folgeerkrankungen, vor Langzeitschäden schützen wollen, dann braucht es eine möglichst hohe Durchimpfungsrate. Die Chance die Masern auszurotten ist durchaus gegeben, wir alle haben es gemeinsam in der Hand.
Gute Informationen zum Thema und zu den Impfangeboten findet ihr auf der Website des Gesundheitsministeriums und auf der Website der AGES. Auf der Website der UNICEF findet ihr einen globalen Blick aufs Thema.