Es wird Zeit, das SanG anzupacken

Vorweg ist mir bewusst, dass es längst höchste Zeit ist, das SanG (Sanitätergesetz) grundlegend zu reformieren. Ein paar kosmetische Novellierungen reichen nicht aus, und ich weiß, dass diese Änderung überfällig ist. Der Titel dieses Beitrags soll keinesfalls als Euphemismus oder Beschönigung verstanden werden. Vielmehr drücke ich es so aus, weil die Notwendigkeit endlich auch in der Politik angekommen ist. Vor fünf, drei oder sogar zwei Jahren war dies noch nicht der Fall. Doch worum geht es genau?

Die Ausbildung und das Berufsbild von Rettungssanitäter:innen und Notfallsanitäter:innen müssen dringend modernisiert und professionalisiert werden, um eine zeitgemäße, hochqualifizierte Versorgung in der präklinischen Notfallmedizin sicherzustellen. Auf unsere Initiative als Grüne hin wurde ein umfassender Evaluierungsprozess gestartet, der die Grundlage für eine nachhaltige Novellierung des Sanitätergesetzes (SanG) bildet. Kritiker:innen behaupten, die Ergebnisse dieses Prozesses seien längst bekannt. Doch ich entgegne: Es mag bekannt gewesen sein, aber es war nie anerkannt. Der Unterschied liegt darin, dass bei dieser Evaluierung alle relevanten Stakeholder – Rettungsorganisationen ebenso wie überbetriebliche Interessenvertretungen und Berufsvertretungen wie der BVRD – an einem Tisch saßen. Die gesammelten Erkenntnisse kommen aus den Bundesländern, von Blaulichtorganisationen und direkt von Betroffenen. Sie haben einen hohen Wert und schaffen eine gemeinsame Basis, die es angesichts unterschiedlicher Interessenlagen bisher nicht gab.

Der Berufsverband Rettungsdienst (BVRD), die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) ebenso wie der Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs (ASBÖ) haben darauf aufbauend von einander unabhängig 2 praxiserprobte und international vergleichbare Reformvorschläge vorgelegt. Diese Konzepte bieten eine vernünftige und zukunftsweisende Grundlage für die überfällige Novellierung des SanG.

Herausforderungen und Reformbedarf
Seit Inkrafttreten des SanG im Jahr 2002 hat sich die präklinische Notfallversorgung erheblich weiterentwickelt. Medizinischer Fortschritt, technologische Innovationen und veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen machen umfassende Anpassungen der rechtlichen Grundlagen notwendig. Der Evaluierungsbericht der GÖG (Gesundheit Österreich GmbH) zeigt wie ich finde klar auf, wo Handlungsbedarf besteht:

  • Unzureichende Ausbildungsstrukturen: Die aktuelle Ausbildung wie im SanG determiniert wird den komplexen medizinischen Anforderungen und steigenden Einsatzzahlen nicht gerecht. Derzeit haben wir in Österreich zwei grundlegende Ausbildungsstufen, einmal „Rettungssanitäter:innen“ als eine Art Grundausbildung und dann den Notfallsanitäter darauf aufbauend. Der Notfallsani als höchste Ausbildungsstufe bringt es auf nicht einmal 1.000 Ausbildungsstunden mit allen Modulen, das ist international nicht vergleichbar, und ist weit von den Anforderungen der heutigen Medizin entfernt. Wer gute und professionell ausgebildete Sanis haben will, die/der braucht auch eine Professionalisierung.
  • Fehlende Berufsanerkennung: Sanis arbeiten in einem hochverantwortungsvollen Beruf ohne angemessenen Berufsschutz. Das führt dazu, dass es auch sozialrechtliche und berufsrechtliche Schlechterstellungen gibt, kaum berufsrechtliche Anerkennung.
  • Mangelnde Durchlässigkeit zu anderen Gesundheitsberufen: Dies erschwert Karrierewege und verringert das Rekrutierungspotenzial. Gerade erfahrene und gut ausgebildete Sanitäter:innen wären auch ein Mehrwert in Spitälern, in den Ordinationen, an Schulen. Dazu braucht es aber anerkannte Ausbildungen und klar aufgezeigte berufsrechtlich verankerte Durchlässe und Wege.

Reden wir über die vorliegenden Reformvorschläge. BVRD & ÖGARI auf der einen Seite und der ASBÖ auf der anderen Seite schlagen ein dreistufiges, modulares Ausbildungssystem vor: Zuerst der Einstieg als Sanitäter:in vor allem im Krankentransport eingesetzt, dann die darauf aufbauende Ausbildung und der Einsatz als Notfallrettungssanitäter:in und neu weiterführend diplomierte Notfallsanitäter:innen mit entsprechender Ausbildung. Und nein, für diese ist eine Matura keine Grundvoraussetzung, wie von manchen Kritiker:innen gerne behauptet. 

Beide Konzepte sehen die höchste Ausbildungsstufe als voll professionalisiert vor. Statt der derzeit knapp über 900 Stunden Ausbildungszeit für Notfallsanitäter:innen wären etwa 3.000 Stunden oder 180 ECTS notwendig. Dies ginge mit mehr Kompetenz und Verantwortung sowie einer zukünftig klaren Trennung zwischen Krankentransport und Rettungseinsätzen einher. Zudem bedarf es einer Reform des Berufsschutzes. Eine gesetzliche Verankerung ab der zweiten Ausbildungsstufe würde Rechtssicherheit und Ansehen des Berufs stärken. Damit wäre das veraltete Bild des „Hilfsarbeiters“ überwunden. Aktuell sind Sanis trotz ihrer zentralen Bedeutung rechtlich kaum geschützt. Die Eintragung in das Gesundheitsberuferegister würde Qualifikationen transparent machen und die Professionalisierung weiter vorantreiben. Dies erfordert jedoch modernisierte Ausbildungsstandards, nicht bloß die Nennung im Register.

Freiwilligkeit in Gefahr? Ein häufiges Argument ist, dass die Reform die Freiwilligkeit bedrohe. Das ist falsch. Auch ich hatte anfangs Bedenken, doch diese waren unbegründet. Es ist keineswegs geplant, dass alle Sanis die höchste Ausbildungsstufe durchlaufen. Der BVRD geht von etwa 4.000 Notfallsanitäter:innen mit der höchsten Ausbildung aus, während niedrigere Stufen für Freiwillige erhalten bleiben. Diese 4.000 sind aber natürlich keine ehrenamtlichen Sanitäter:innen sondern wären hauptamtlich und angestellt. Alle Ausbildungen wären modular aufgebaut, was den Freiwilligenbereich zudem weiterhin stärkt. Die Vorschläge des ASBÖ selbst belegen die Machbarkeit, handelt es sich hier um eine Blaulichtorgansiation, die das von sich aus einfordert. Das Argument mit der Freiwilligkeit kommt nämlich aus den Blaulicht- und Einsatzorganisationen, insbesondere aus den Reihen des Roten Kreuz. In dem Moment, wo nun mit dem ASBÖ eine solche Organisation das ebenso einfordert, erodiert dieses an sich falsche Argument.

Klärung der Finanzierung
Neben der Bereitschaft, das Rettungswesen ins 21. Jahrhundert zu führen, braucht es eine gesicherte Finanzierung. Präklinische Versorgung ist ein essenzieller Teil des Gesundheitssystems und muss öffentlich finanziert werden – sowohl die Organisationen als auch die Ausbildung. Eine Finanzierung aus einer Hand wäre sinnvoller als die aktuelle Trennung zwischen Krankentransport (Sozialversicherungen) und Rettungsdienst (Länder).

Und noch einen Aspekt gibt´s: Die präklinischen Forschung findet in Österreich nur homöopathisch statt. Das Wortspiel stammt zwar von mir, die Aussage auf der es beruht kommt aber von anderen, von Leuten die es wissen müssen wie beispielsweise Aktive im BVRD. Entsprechend wäre eine Professionalisierung des Rettungsdienstes auch endlich die Chance und der nötige Turbo um diesen Bereich auch mit der Aufmerksamkeit die dringend nötig ist zu bedenken.

Die Zeit des Redens ist vorbei – jetzt müssen wir handeln. Die Gesundheit und Sicherheit aller Menschen in Österreich hängt von einem professionellen Rettungsdienst ab. Die Reform des SanG bietet die Chance, die präklinische Versorgung nachhaltig zu verbessern und das Berufsbild der Notfallsanitäter:innen zukunftssicher zu gestalten. Wir Grünen werden diesen Weg entschlossen und konstruktiv begleiten.

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