Kompromisslos zum VoKaKi

Pfuh, das Jahr hat es jetzt schon in sich, und ist noch nicht einmal über den 3-Königs-Tag hinaus.

Um ehrlich zu sein: nein, damit hab ich nicht gerechnet. Ich war immer der Meinung, dass sich am Ende die Kompromiss-Fähigkeit gegen Eitelkeiten durchsetzen wird. Ich war auch der Meinung, dass es allen Beteiligten klarer ist, um was es geht.

Uns war es damals vor 5 Jahren nämlich sehr wohl klar. Wir haben damals die Bereitschaft zum Kompromiss gezeigt, haben in schweren 5 Jahren regiert, und dabei selbst als kleinerer Koalitionspartner vieles von dem, was zum Teil jahrzehntelang überfällig war, umgesetzt. Haben wir dabei ein 100%iges Grün-Programm umsetzen können? Nein, natürlich nicht. Aber es war so viel Grünes drinnen, dass uns die Kleine Zeitung einen Durchsetzungsgrad von mehr als 78 % Grüner Projekte und Positionen in der abgelaufenen Regierungszeit zugestanden hat. Und wir waren so erfolgreich und lästig, dass die ÖVP uns nicht mehr am Verhandlungstisch für eine neue Regierung haben wollte.

Unsere Grünen Erfolge der letzten fünf Jahre sprechen für sich: Wir haben das Amtsgeheimnis abgeschafft und die Informationsfreiheit eingeführt. Das Klimaticket bringt Mobilität für alle zu erschwinglichen Preisen. Die umfassendste ökosoziale Steuerreform seit Jahrzehnten sorgt für mehr soziale Gerechtigkeit, indem niedrige Einkommen stärker entlastet werden. Wir haben eine echte Gesundheitsreform auf den Weg gebracht, um den Menschen wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Im Pflegebereich haben wir nicht weniger als drei Reformen durchgeführt. Die Einführung eines Pfandsystems, das Renaturierungsgesetz und der massive Ausbau der Kinderbetreuung sind weitere Meilensteine, genauso wie der verstärkte Schutz vor Gewalt und die Gläserne Parteikasse für mehr Transparenz. Die Justiz haben wir vor der politischen Einflussnahme geschützt und Antikorruption gestärkt. Diese Errungenschaften sind keine Selbstverständlichkeiten, sondern Ergebnisse harter Arbeit, kluger Verhandlungen und des Willens, das Beste für die Menschen in unserem Land zu erreichen.

Nachdem die Liberalen kalte Füße bekommen haben, und aufgestanden sind, haben auch ÖVP und SPÖ ihre Verhandlungen abgebrochen. Und wohl um einer Demontage parteiintern zuvorzukommen, hat sich auch noch der ÖVP-Obmann und Bundeskanzler Nehmer verabschiedet. Auch das war so nicht am Plan, weder bei mir noch bei vielen anderen. Was jetzt kommen wird? Nun, der (Interims)Parteiobmann der ÖVP relativiert schon mal die an sich berechtigte Ablehnung seiner Partei für die FPÖ. Jetzt ist mir bewusst, dass die ÖVP sich immer die Hintertür offen gelassen hat, und nicht die FPÖ als solche abgelehnt hat, sondern ihre Haltung immer an Kickl festgemacht hat. In Summe natürlich inkonsequent, aber das hat bisher zumindest gehalten. Auch das hat mich ehrlich ein wenig überrascht. Wobei: egal, es ist auch der Aspekt jetzt hinfällig, man wird mit Kickl verhandeln. Die Verhandlungen werden nicht sehr lange dauern, und man wird sich einigen. Die FPÖ wird damit wieder in Regierungsverantwortung zurückkehren, und sie wird aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt haben, befürchte ich. Anders gesagt: „VoKaKi steht vor der Tür“, und pumpert an. Wenn nicht wieder einmal die eigene Unfähigkeit, mögliche Korruption oder Disziplinlosigkeit dafür sorgen, die durchschnittliche Halbwertszeit einer schwarz-blauen bzw. blau-schwarzen Koalition zu limitieren, dann wird das schon noch eine harte Strecke werden.

Etwas, das wir – wie ich eingangs geschrieben habe – damals bewusst verhindert haben. Die Koalition mit der ÖVP war keine Liebesheirat, im Gegenteil. Jeder noch so kleine Grüne Erfolg wurde hart errungen, wir haben nicht selten tage- und wochenlang verhandelt, um bestmögliche Lösungen zu erreichen. Das alles umrahmt von mehreren massiven Krisen: Corona über Ukraine-Krieg und der damit einhergehenden massiven Teuerungen bis hin zur Rezession. Vom Kanzler, der nicht nur aus unserer Sicht wegen etlicher Verstrickungen in Gerichtsverfahren und Ermittlungen (es gilt natürlich, wo noch keine rechtskräftige Verurteilung vorliegt, die Unschuldsvermutung) nicht amtsfähig war, einmal ganz abgesehen. Natürlich war vieles von dem, was wir erreicht haben, ein Kompromiss. Dafür wurden wir regelmäßig geprügelt, von der SPÖ ebenso wie von den NEOS. Anstatt anzuerkennen, wo man etwas erreicht hat, wo etwas verbessert wurde oder Strukturen aufgebrochen wurden, hat man lieber draufgehauen. Es galt und gilt daher nur noch die Extremposition, nur noch das 100%ige Durchsetzen der eigenen Haltung, und nicht der Diskurs, das Ringen um Lösungen, das Abwägen. Das haben wir jetzt wieder gesehen: anstatt zu verhandeln und sich zu bewegen, haben offenkundig die drei „Leider-Nein-Koalitionäre“ in zentralen Punkten auf ihre Haltung bestanden. Und, weil man am Ende kalte Füße bekommt oder parteiintern sowieso etliche kein Problem mit einer rechtsextremen Partei, mit Verschwörungserzähler:innen haben, hat man das Ganze dann auch platzen lassen. Danke deshalb für nichts, liebe NEOS, liebe SPÖ, liebe ÖVP.

PS. Sollte irgendeine dieser Parteien jemals wieder als Wahlargument das Verhindern einer FPÖ-Regierungsbeteiligung auch nur in den Mund nehmen, so sollten sie vor Scham in Grund und Boden versinken.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert