Stell dir folgende Situation vor: du übernimmst einen Job, und stellst kurz nachdem du die Büros und den Arbeitsplatz übernommen hast, fest, dass deine Vorgängerin ein ziemliches Chaos hinterlassen hat. Zwar hast du gewusst, dass sie nicht viel vorher gemacht hat, bis auf dieses eine bestimmte Projekt, aber dass so wenig passiert ist, war dir auch nicht bewusst. Du beginnst also das hinterlassene Chaos und die nicht erledigten Dinge zu sortieren und dich an die Arbeit zu machen, versuchst die vielen vorhandenen Lücken in der Personaldecke zu stopfen und eine hoffentlich rasch wieder funktionstüchtige Struktur zu implementieren, da wirst du von massiven Turbulenzen an deinem Arbeitsplatz erschüttert, die umso heftiger sind, weil deine Vorgängerin den Arbeitsplatz so hinterlassen hat, wie beschrieben. Du schaffst aber auch diese Turbulenzen zu bewältigen, auch wenn es dich massiv viel Arbeit und Energie kostet, und kommst endlich nach langer Zeit ins eigentliche Tun. Ein Projekt nach dem anderen, welche allesamt von deiner Vorgängerin nicht angegriffen wurden, wo sie sich nicht darum gekümmert hat, gehst du an, und bist dabei auch durchaus erfolgreich. Und während du hackelst, steht deine Vorgängerin an der Bürotür und wirft dir alles Mögliche vor, das sie selbst zu verantworten hat. Sie kritisiert dich, indem sie dir vorwirft, dass alle Projekte viel zu spät von dir erledigt werden oder behauptet einfach mal, dass alles, was du machst, falsch ist. An allem wärst du schuld, während du den hinterlassenen Saustall aufräumst und dich um die vielen liegen gebliebenen Dinge kümmerst, und versuchst die Spur der Verwüstung, welche deine Vorgängerin hinterlassen hat, halbwegs zu beseitigen.
Klingt absurd? Ist es auch, passiert aber derzeit fast täglich. Der Arbeitsplatz ist die österreichische Gesundheitspolitik, die Vorgängerin ist die FPÖ, die in den zwei Jahren unter Hartinger-Klein bis auf die Zerschlagung der Sozialversicherungen unter dem Schmeh-Motto der Patient:innen-Milliarde nichts geleistet hat. Im Gegenteil wurde das Ministerium personell ausgedünnt und der längst überfällige Epidemieplan, der mehrfach eingemahnt wurde, war es auch nicht wert erstellt zu werden. Und während die Grünen Minister im Gesundheits- und Sozialministerium in den letzten 4 ½ Jahren Verantwortung übernommen haben, und sich um ein verschlepptes Reformprojekt nach dem anderen gekümmert haben, ist die FPÖ in der Oppositionsrolle da gestanden und hat Kindsweglegung betrieben. Statt sich der eigenen Rolle von 2017 bis 2019 im Ressort bewusst zu sein, weiß man heute alles besser. Oder: man tut so, als ob man ernstgemeinte Vorschläge hätte, und ist dann recht erbost, wenn dankend abgelehnt wird.
Beispiele gefällig? Während wir eine Gesundheitsreform auf den Weg bringen, die den niedergelassenen Bereich stärkt, will die FPÖ eine Stärkung der Wahlärzt:innen und privatmedizinischer Leistungen. Dafür kommen dann Mehrpunkte-Pläne, die sich großartig anhören und den Eindruck von Arbeitseifer erwecken sollen, ins Parlament. Am Ende ist es meistens essigsaurer alter Wein, der in neuen Schläuchen angeboten wird, und fast immer auf Kosten der Versicherten geht.
Ein anderes Beispiel ist die Kritik am Ausbau der PVE (Primärversorgungseinrichtungen) und der Förderung der neuen Kassenstellen. Die Maßnahmen greifen, und zeigen Erfolg – haben sich doch für 100 Stellen bereits mehr als 400 Mediziner:innen gemeldet und gleichzeitig hat sich die Anzahl der PVE innert 5 Monate um 2/3 erhöht. Alles Maßnahmen von denen die Versicherten profitieren. Einzig der FPÖ gefällt es nicht. Und dann kommt Kritik um der Kritik Willen von jener Partei, die sich um die Interessen der Versicherten noch nie recht viel geschert hat, wie ich finde. Denn das Problem mit der kassenärztlichen Versorgung war auch zu Zeiten von Ministerin Hartinger-Klein bekannt, nur darum gekümmert hat man sich nicht. Man war ja beschäftigt damit die Arbeitnehmer:innen-Vertreter:innen in den Aufsichtsgremien der Sozialversicherungen zu entmachten.
Ein drittes Beispiel ist die anlässlich der Novelle des Psychotherapiegesetzes laut gewordene Kritik, dass diese Novelle zu spät komme, und wir uns 3 Jahre Zeit bei der Erstellung gelassen hätten. Diese geäußerte Kritik hat mich ehrlich gesagt sprachlos zurückgelassen ob der unglaublichen Chuzpe. Selbst hat man die Verantwortung als man sie wahrnehmen konnte zur Seite geschoben, und kritisiert heute jene die diese liegen gebliebenen Arbeiten aufnehmen und sich drum kümmern.
Aber wir sind es ja gewohnt, dass sich die FPÖ gerne als Opfer geriert. Statt Verantwortung zu übernehmen, schiebt diese Partei sie lieber ab und kritisiert stattdessen jene, die sich um die nötigen Schritte kümmern. Und wenn man diese Art der Politik kritisiert, dann wird sofort die Opferrolle ausgepackt. Auch das kennen wir zur Genüge. Im Austeilen sind die Freiheitlichen nämlich groß, im Einstecken dagegen recht klein, typisch für Rechtsextreme. Weil: immer, wenn gekontert wird, sind die Rechtsextremen immer gleich in der Opferrolle. Das gilt für die FPÖ genauso wie für die AfD oder Trump in den USA. Statt konstruktiver Kritik, ernstzunehmendem Feedback, durchaus auch selbstkritischer Auseinandersetzung kommen von der FPÖ Angriffe und Radikalopposition. Dabei tun die Vertreter:innen des angeblichen kleinen Manns und der Menschen von der Straße gerne so, als ob sie deren Interessen vertreten würden, während sie in erster Linie nur die eigenen Interessen im Sinn zu haben scheinen. Anders sind nämlich die erst erwähnten Anträge nicht zu bewerten.
Zugegeben, das oben gezeichnete Bild ist an einigen Stellen natürlich sehr zugespitzt. Es sei mir aber nachgesehen, ich ärgere mich halt nur massiv über die Haltung. Wir lassen uns von dieser Art der Oppositionspolitik einer Partei natürlich auch nicht beirren. Statt zu lamentieren, übernehmen wir die Verantwortung, und versuchen ein – zum Teil seit Jahrzehnten – am Tisch liegendes Projekt nach dem anderen anzupacken und endlich abzuarbeiten. Altes Denken a la „Weil´s eh immer so war“ bringt uns nicht weiter, und wir sind auch weder die Erfüllungsgehilfen für die wirtschaftlichen Interessen einzelner. Die Gesundheitsreform haben wir ebenso wie die Pflegereform auf den Weg gebracht bzw. umgesetzt, die Reform des Psychotherapiegesetzes liegt am Tisch, beim Apothekengesetz sind wir auch bereits in der Zielgeraden. Was noch liegt ist das MT-D-Gesetz – also das Berufsgesetz für die medizinisch technischen Berufe, aber auch hier sind wir im Arbeiten. Was wir ebenfalls bereits angegangen haben, ist eine Neufassung des Sanitätergesetzes, das ebenfalls dringend reformiert werden muss. Alles Vorhaben und Gesetze, die nicht erst seit gestern am Tisch liegen. Wir gehen es halt im Gegensatz zur FPÖ an, und handeln.