Wir sind gerade mitten in der Beschlussfassung der Gesundheitsreform. Wir haben mit den Ländern und der SV lange und ausgiebig verhandelt, und einen Kompromiss erzielt. Dieser wird in Form eines Vertrags zwischen Bund und Länder, einer so genannten „15a-Vereinbarung“, von den Landtagen und dem Nationalrat beschlossen. Zeitgleich beschließen wir die so genannte Begleitlegistik, also die notwendigen Gesetzesänderungen um diese Vereinbarungen mit Leben zu erfüllen, und um auch zusätzlich die Übereinkünfte mit der SV zu implementieren.
Wir haben mit der Ärztekammer wild gestritten, und haben auch klar gemacht, dass es nicht mehr so weiter gehen kann, wie bisher. Dass Patient:innen-Interessen und der Bedarf der zu versorgenden Bevölkerung für uns ein viel wichtigeres Interesse darstellen, als es die oftmals rein ökonomischen Interessen einiger weniger aus einer Berufsgruppe bzw. die Standesdünkel einer Gruppe von Funktionär:innen tun. Die Kammer is not amused, und die Wiener Ärztekammer versucht auch weiter die Ängste von Menschen für ihre Interessen zu nutzen, mit diesen zu spielen. Auch das muss in dieser Deutlichkeit gesagt werden. Ein aus der Ärztekammer wieder heraus gespieltes – also geleaktes – Positions-Papier zeigt dies deutlich auf. Apropos „geleaktes Papier“: es ist schon recht bemerkenswert, wie oft bei der Ärztekammer aus ihrer Mitte heraus Strategiepapiere durchgestochen werden. Fast hat man den Eindruck, dass die nach außen hin vermittelte Einheit ein wenig bröckelig ist.
Jetzt ist es die Pharma, die mobil macht. Was ist geschehen? Im Begleitgesetz zum FAG ist auch die Implementierung eines so genannten Bewertungsboards für hochpreisige Medikamente und Therapien vorgesehen. Der Hintergrund ist recht schnell erklärt: derzeit muss jeder Krankenanstaltenerhalter selbst entscheiden wie er neue und innovative, meist sehr teure Medikamente und Therapien einschätzt. Also welchen Nutzen hat das Präparat, wie kann er es einsetzen, und wo vor allem nicht. Ist ein neues Medikament wirklich wie von der Pharma angepriesen eine Innovation, oder dann doch nur der Versuch ein bereits in Verwendung befindliches Präparat wieder teurer zu machen, in dem man „Innovation“ drauf pickt. Das Ganze ist jetzt bewusst verkürzt und zusammengefasst, trifft die Herausforderung aber im Kern. Die Entscheidungen fallen naturgemäß unterschiedlich aus, diese Bewertungen sind also sicher nicht einheitlich. Entsprechend verschieden sind auch der Umfang an neuen Therapien in Österreich, oder anders gesagt: es ist nicht sicher gestellt, dass Patient:innen in Vorarlberg die selben Voraussetzungen antreffen wie im Burgenland. Selbst in Bundesländern mit unterschiedlicher Trägerstruktur bei den Krankenanstalten wie bei uns in OÖ kann es zu Unterschieden kommen. Träger 1 bewertet ein neues, innovatives Produkt anders als Träger 2 und Träger 3 hat wieder ganz andere Ansätze. Das ist aktuell Realität.
Realität ist auch, dass es für die Bewertung von neuen innovativen Medikamenten international üblich ist, standardisierte Bewertungsprozesse anzuwenden, so genannte HTA-Prozesse. HTA steht dabei für „Health Technology Assessement“, es dreht sich dabei alles um eine Bestandsaufnahme der vorliegenden Daten zu einem Pharmaprodukt, die Bewertung nach vorliegenden Daten und dir evidenzbasierten Einschätzung. Der Prozess dazu ist definiert und international anerkannt. Wir wollen damit weg von Einzelbewertungen und hin zu einer transparenten Bewertung für alle. Also einer Entscheidungsgrundlage, die transparent und evidenzbasiert getroffen wird, die nachvollziehbar ist, und die allen Spitalsträgern zur Verfügung steht bzw. auch von Patient:innen eingesehen werden kann. Das Board würde aus fachkundigen Vertreter:innen der Sozialversicherung, der Länder, des Ministeriums, der GÖG (Gesundheit Österreich GmbH), des BASG (Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen), 3 einschlägigen Expert:innen aus der Ärzt:innenschaft und der Patient:innen-Anwaltschaft bestehen.
Das sorgt für massive Unruhe, ist doch Transparenz das böse Wort in der Pharma. Und entsprechend werden auch Gerüchte gestreut und Dinge behauptet, die nicht stimmen. Da ist zum einen das Bild, von den Bürokraten, die am Schreibtisch sitzend bestimmen wer leben darf und wer sterben muss, während man selber im Krankenbett liegt. Dieses drastische Bild sorgt natürlich für massives Unbehagen, und ist dabei so falsch wie nur etwas. Weder wird ein konkreter Fall noch einE Patient:in bewertet, sondern einzig – wie oben beschrieben – das Medikament. Und das auch nicht während man im Krankenbett liegt, sondern bereits zur Markteinführung, und nicht erst anlassbezogen. Und selbst wenn ich im Krankenbett währenddessen liegen sollte, können die behandelnden Ärztinnen natürlich auch – ohne auf das Ergebnis des Boards warten zu müssen – die Medikation anwenden und verwenden. Denn das Board gibt immer nur eine Empfehlung ab, die Entscheidung ob etwas verabreicht wird und zum Einsatz kommt ist immer die Entscheidung der behandelnden Ärzt:innen.
Ebenso falsch ist die Behauptung, dass dieses Board nach rein wirtschaftlichen Aspekten entscheidet, also Menschen und Menschenleben einen Preiszettel verpasst. Die Bewertung von Medikationen im Bewertungsboard erfolgt nach internationalen HTA-Standards, also nach dem was an wissenschaftlicher Evidenz, Daten und Fakten zum Medikament vorliegt. Es geht nicht um den Preis, sondern rein um Anwendung, Vorteile und mögliche Nachteile für Patient:innen. Ist eine Innovation eben wirklich eine solche, und hat es einen Nutzen für Betroffene. Wenn man so will, ein Lakmustest, der an sich üblich sein sollte. Auch das hier gezeichnete Bild ist eindeutig, die Beweggründe sind es ebenso, man versucht mit der Angst von potenziellen Patient:innen zu spielen. „Was ist, wenn ich zu alt bin und damit nicht mehr genug Wert für ein Medikament aufweise?“, hat mich gestern bei einer Diskussionsveranstaltung eine ältere Damen gefragt. Meine Antwort war sinngemäß „Diese Frage stellt sich nicht, es wird auch weiterhin alleine um den Nutzen für die Patient:innen gehen.“. Das alles hat übrigens Minister Rauch ebenfalls im Mittagsjournal am 5. Dezember ausführlich dargelegt.
Warum also diese Geschichten und diese Narrative, dieses Framing und das Spiel mit der Angst? Der jetztige Prozess ist – wie es Johannes Rauch im Gesundheitsausschuss gesagt hat – eine „Einflugschneise für Lobbyisten“. Derzeit machen alle Träger eine Bewertung selbst, auf Basis dieser kaufen sie dann die Medikamente und Therapien ein. In dem Moment wo sie kaufen, müssen sie eine Verschwiegenheitsklausel mit den Pharmaunternehmen unterfertigen, so dass nicht transparent wird, mit welchen Rahmenbedingungen etwas gekauft wurde. Ein durch und durch intransparenter Prozess, der nicht einmal sicher stellt, dass Innovationen überall gleichermaßen verfügbar gemacht werden. Ein Prozess, der den Verkäufern in die Hände spielt, und den diese nicht verändert wissen wollen. Entsprechend werden nun die Ängst geschürt, werden Behauptungen aufgestellt und wird im Hintergrund versucht das Board noch zu verhindern.
PS. Der Transparenz wegen: Das Beitragsbild ist KI-generiert. Die Aufgabe war: “Wissenschafterinnen und Wissenschafter sitzen an einem Tisch und stecken die Köpfe zusammen und beraten. Sie tragen dabei weiße Laborkittel.”
Ich glaube die Aufgabenstellung wurde verstanden und korrekt ausgeführt.