Wenn ich mich auf Interviews vorbereite, dann führe ich immer wieder schriftlich “virtuelle Interviews” mit mir selber. Ich begebe mich in die Rolle der Fragesteller:innen und überlege mir Antworten auf mögliche Fragen. Zur aktuellen – durchaus aufgeheizten – Debatte zur Gesundheitsreform und der Reaktionen der Ärztekammer dazu, habe ich ein paar Interviews gegeben. Hier stelle ich das dazu gehörige “virtuelle Interview” öffentlich:
Können sie die Kritik der Ärztekammer verstehen?
Nein. Zum einen ist kein einziges der erwähnten Themen neu oder überraschend, sondern Teil der seit mindestens einem Jahr andauernden Debatte über Lösungen im Gesundheitsbereich. Zum anderen ist die Sprache der Ärztekammerfunktionäre entlarvend, wenn man von Machtverlust spricht, oder man sich Gedanken über möglichen und schwindenden EInfluss macht, und nicht darüber was das Gesundheitswesen braucht um wieder besser zu funktionieren. Das ist nichts anderes als ALTES DENKEN, wenn wir aber das Gesundheitssystem im Land nach Vorne bringen wollen, dann müssen wir bereit zu Reformen sein und uns nicht über Macht und Einfluss unterhalten.
Was sollen die Reformen bringen?
Alle Maßnahmen zahlen auf eine höhere Effizienz und klarerer Strukturen ein, damit Patient:innen wieder eine bessere und vor allem zuverlässigere Versorgung vorfinden. Da geht es um bessere Planung, um gemeinsame Zielvorgaben, es geht um einen einheitlichen Vertrag mit gleichen Leistungen, weil Patient:innen in Vorarlberg wohl die selben Bedürfnisse haben, wie jene in Burgenland. Es geht um Digitalisierung, die wiederum für die Patient:innen Erleichterungen bringen wird. Daher ist es auch wichtig, dass alle Gesundheitsdienstleister, auch die Wahlärzte, Teil der ELGA-Struktur sein werden. Ebenso wie es dringend nötig ist, dass Diagnosen – wie international üblich – standardisiert codiert gesammelt werden, und uns so endlich einen Überblick über die Gesundheitssituation im Land bringt. Natürlich unter Einhaltung aller datenschutzrechtlichen Standards.
Ist es das Ende der Sozialpartnerschaft im Gesundheitswesen?
Nein, und dieses Framing weise ich aufs Schärfste zurück, so wie dies wohl die Sozialpartner im Land auch tun. Das hat etwas von fremden Federn, mit denen man sich bei diesem Vergleich versucht zu schmücken. Mit den neuen Bestimmungen gibt es eine klare Aufgabenteilung: In Zukunft zählt alleine der Versorgungsbedarf in der Region. Bisher gab es immer das Problem, dass die Ärztekammer neue Kassenstellen verhindern konnte. Nachdem die Kammern sowohl Kassen- als auch Wahlärzte vertreten, wurde von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht. In Zukunft soll einzig der Bedarf der Patient:innen und nicht das wirtschaftliche Interesse bereits vorhandener Mediziner:innen zählen. Und falls der Vorwurf kommt, dass damit bestehende Ordinationen unattraktiver werden: neue Kassenstellen werden nicht auf die Grüne Wiese hingepflanzt, sondern dort wo bereits vorhandene Ordinationen überlastet sind, und diese Überlastung derzeit durch Wahlärzte und Ambulanzen in den Spitälern abgefangen werden.
Geht es um eine Entmachtung der ÄK?
Die einzigen, die von Macht und Entmachtung sprechen sind die Funktionäre der Kurie der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Diese sind auch im Zusammenhang mit dem Apothekengesetz mit einer übergriffigen und aus meiner Sicht unpassenden Sprache aufgefallen. Es geht hier einzig darum unser Gesundheitswesen zu reformieren. Dass Reformen längst überfällig sind, erkennen hoffentlich alle – auch die Ärztekammer an. Von Macht und Einfluss, von Entmachtung zu sprechen zeigt nur, dass immer noch zu viel Altes Denken statt nötiger Bereitschaft zur Innovation vorherrscht.
Wie ist der aktuelle Stand der FAG-Verhandlunge?
Es handelt sich hier um laufende Verhandlungen, die gerade in die Zielgerade einbiegen. Sie werden hoffentlich verstehen, dass ich diese Gespräche nicht weiter kommentieren werde. Wenn was am Tisch liegt und fertig ist, wird es auch bekanntgegeben.
Wird es noch Gespräche mit der ÄK geben?
Es gab beständig Gespräche in den letzten Monaten, und es wird auch weiterhin welche geben. Aber der FAG ist Verhandlungsmaterie zwischen Bund und Länder und nicht zwischen Bund und ÄK. Ob der Minister hier noch zu einer Runde einladen wird, kann ich aktuell nicht sagen. Ärztekammer war zwar kein Verhandlungspartner für FAG bzw. Gesundheitsreform, es gibt aber laufend Gespräche. Dass praktisch alle Reformvorschläge abgelehnt werden, zeigt: Es geht ihnen nicht um konstruktive Gespräche, sonder um den Machterhalt.