Wels ist nicht nur für seine Einbahnen und Kreisverkehre bekannt, sondern war jahrelang auch wegen der so genannten „Braunen Flecken“ in den Schlagzeilen. Die Welser ANTIFA-Initiative, die sich im Zuge dieser Auseinandersetzung gefunden und gebildet hat, ist ein Querschnitt der Welser Zivilgesellschaft. Neben dem aktiven Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus gehört auch das dringend nötige Erinnern an die eigene Verantwortung zur Arbeit der Initiative. Seit Jahrzehnten wird der Opfer der Novemberpogrome 1938 in Wels gedacht.
Die Welser Zivilgesellschaft und die eindeutig antifaschistischen Parteien laden zu diesem Gedenken immer um den 9. November ein. Wer nicht Teil dieses Gedenkens ist: die FPÖ, die sich aus der Tradition des dritten Lagers gebildet hat, die seit jeher ein Problem mit der Abgrenzung zum Rechtsextremismus hat, die selbst rechtsextrem ist. Als 2015 die FPÖ in Wels den Bürgermeistersessel errungen hat, wollte man daher endlich Teil dieses Gedenkens sein. Einzig: die Welser ANTIFA hat zurecht nicht mitgespielt. Offenbar gekränkt ob dieses Umstandes hat daraufhin die Stadt Wels ein eigenes Gedenken initiiert. Das Ganze ging so weit, dass man extra am selben Tag wie die ANTIFA das städtische Gedenken angesetzt hat, um eine Stunde vorher. Einziges Ziel: die Traditionsveranstaltung der ANTIFA kaputt machen, wenn man sie schon nicht für sich vereinnahmen kann. Nur: niemanden interessiert das städtische Gedenken. Gerade zu Beginn war Außenstehenden nicht klar, wer hier Ausrichter des städtischen Gedenkens war, und so wurden ursprünglich zugesagte Teilnahmen kurzerhand wieder zurückgezogen. Und auch von den Besucher:innen-Zahlen gab das Rabl´sche Gedenken nicht viel her. Meistens eine Handvoll Besucher:innen, die sich hin verirrten, während beim traditionellen Gedenken der Welser Zivilgesellschaft immer ein paar hundert Leute anwesend sind, selbst bei Schlechtwetter.
Das liegt auch an den Gästen, die nach Wels kommen, und gemeinsam zu gedenken. Neben Justizministerin Alma Zadic kommt heuer als Gedenkredner UHBPM Sascha Van der Bellen. Es ist also wieder damit zu rechnen, dass das städtische Gedenken kaum jemanden interessieren wird. Das wurmt den medienaffinen Welser Bürgermeister so sehr, dass er nun Welser Schulklassen für die Teilnahme am offiziellen Gedenken der Stadt Wels bezahlt. 200 Euro für jede Schulklasse, die bei seinem Gedenken teilnimmt. Der Witz dran: die FPÖ und andere Rechtsextreme behaupten ja nicht selten, dass für Demo-Teilnahmen bezahlt wird, und dann sind sie es selbst, die das machen. Ein Witz der Geschichte, möchte ich meinen.
Aber im Ernst: man sollte anerkennen, wenn etwas aussichtslos ist. Die FPÖ ist eine rechtsextreme Partei, es gibt keinen gemäßigten und keinen radikalen Flügel, es gibt eine Partei mit einem Vorsitzenden Kickl und mit der Nähe zu den Identitären und Abgeordneten, die mit Verschwörungsnarrativen das Vertrauen in die Demokratie untergraben. Was eine solche Partei bei einem antifaschistischen Gedenken anlässlich der Verbrechen des Nationalsozialismus gegen jüdische Mitbürger:innen verloren hat, ist wohl niemanden klar. Noch dazu, wo diese Partei es noch nicht einmal schafft einen zahnlosen Plan gegen Extremismus anzuerkennen oder in Wels auch noch rechtsextreme Burschenschafter hofiert, so wie im Herbst 2022. Aber dass man auch noch Schüler:innen als Staffage für die eigene Veranstaltung bezahlt, um ein Potemkin’sches Dorf zu erschaffen, nur um die Eitelkeit des Bürgermeisters zu befriedigen, das alles setzt dem Ganzen die Krone auf. Oida.