Gerald Hauser ist Abgeordneter zum Nationalrat, er ist vereidigt auf die Gesetze und die Verfassung der Republik Österreich. Er ist damit einer von 183 Abgeordneten, die für die Verhandlung und den Beschluss der Gesetze in diesem Land verantwortlich sind. Genauso natürlich gehört zu seinen Aufgaben die Kontrolle der Regierung, umso mehr als er Abgeordneter einer Oppositionspartei ist.
Gerald Hauser ist auch in seinem Brotberuf Lehrer an der HAK Lienz. Er ist somit in doppelter Hinsicht Vorbild, einmal in seiner Funktion als Politiker, einmal in seiner Funktion als (derzeit freigestellter) Lehrer.
Ziemlich viel Verantwortung möchte man meinen. Verantwortung, der er – wie ich finde – nicht gerecht wird. Denn Hauser ist seit kurz nach Beginn der Pandemie durchaus auffällig, was seine Beiträge anbelangt. Seine Reden im Nationalrat, in denen es um Covid und Corona geht, waren immer schon ein wenig skurril. Einmal hat mein geschätzter Kollege Gerald Loacker auch versucht Hauser in einer Rede dessen fehlerbehaftete Interpretation von Statistik richtig zu stellen, allein es war vergebene Liebesmüh. Und so fällt Hauser seit Monaten mit Redebeiträgen auf, in denen die Pandemie als solches in Frage gestellt wird, in denen er angebliche Sachverhalte in den Raum stellt, die keine Grundlage haben. Legendär auch seine Reden, die er rund um Ivermectin aufbaute, einmal sogar mit einer Packung des Antiparasiten-Mittels in Händen. Dass die Studie zur angeblich positiven Wirkung von Ivermectin in der Behandlung gegen Covid zurückgezogen wurde, weil sie schlicht und ergreifend keine wissenschaftliche Grundlage hatte, scheint ihn – so kommt es mir jedenfalls vor – nur mäßig zu interessieren. Ebenso auch, die von ihm immer wieder behaupteten Opfer der Covid-Impfungen. Worauf die Daten, auf die er sich bezieht, basieren, ist unklar. Einige Male jedenfalls scheint er auf die ebenfalls wegen Qualitätsmängel zurückgezogene Charité-Studie eines Inhabers einer anthroposophischen Stiftungsprofessur zu verweisen, auch scheint er auf Einmeldungen von Verdachtsfällen zu verweisen, die aber keinerlei Rückschlüsse aus wissenschaftlicher Sicht zulassen.
Worauf er auch Bezug nimmt, ist ein Buch eines deutschen Autors. Dieser wird im Eintrag auf Wikipedia wie folgt eingangs charakterisiert: „…ist ein in Sankt Petersburg lebender deutscher Sachbuchautor und Blogger. Er gilt als „Kreml-treuer“ Verbreiter von Desinformation wie falscher Behauptungen und Fake News, Verschwörungsideologien sowie russischer Regierungspropaganda.“. An dieser Stelle sei erwähnt, dass ich weder das Buch noch den Auto namentlich nennen werde, es wäre aus meiner Sicht nicht richtig solche Personen zu erwähnen. Es reicht mir schon, dass ich meinen FPÖ-Kollegen hier nenne. Jedenfalls hat Hauser das Buch dieses Autors als Anlass genommen, und eine Anfrage an den Präsidenten des Nationalrats Wolfgang Sobotka gestellt. In dieser geht es um „die Eliten“, welche angeblich die Covid-Pandemie geplant haben. Also nichts anderes als das bereits seit Beginn der Covid-Pandemie herumgeisternde Narrativ der geplanten Pandemie, mit dem Ziel durch Zwangsmaßnahmen eine neue Weltordnung umzusetzen. Es wundert nicht, dass diese Erzählung ihren Ausgang in der extremen Rechten hat. Es wundert auch nicht, dass die erwähnten „Eliten“ nicht selten angeblich aus jüdischen Familien stammen sollen. Also nichts anderes als die althergebrachten antisemitischen Verschwörungserzählungen, wonach eine kleine Clique von Jüdinnen und Juden mit ihren Systemen uns alle unterjochen wollen. Und wie immer ist auch der WEF und die WHO und sonst noch alle möglichen internationalen Organisationen mit an Bord. In einigen einschlägigen Telegram-Kanälen geht die Geschichte dann auch weiter, es geht dann auch um die SDGs (Substainable Developement Goals – Ziele für nachhaltige Entwicklung), welche auch zur Unterdrückung genutzt werden sollen. Ebenfalls ist mir auch schon die Behauptung untergekommen, dass „die Eliten“ unsere Kinder frühsexualisieren wollen, damit diese gefügiger werden. Natürlich wundert es am Ende nicht, dass dann auch in der Erzählung die irre anmutenden Geschichten von QANON mitschwingen, wie man nicht zuletzt an den einschlägigen Symbolen und Transparenten bei den Demos gegen die Covid-Maßnahmen sieht.
Hauser übernimmt also dieses Narrativ, und stellt mit Hilfe von 4 anderen Kolleg:innen im Blauen Klub eine Anfrage an den Präsidenten des Nationalrats. Das ist deshalb bemerkenswert, weil es für eine Anfrage die Unterschrift von 5 Abgeordneten braucht, damit diese eingebracht werden kann. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass es mindestens 4 weitere Abgeordnete im Klub der FPÖ geben muss, die mit Hausers Ausführungen zumindest kein Problem haben oder diese Gedankenwelt teilen.
Diese 5 Abgeordneten – allen voran der Anfragesteller – spielen ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Indem sie das Narrativ übernehmen, und als Anfrage verpackt zum Thema machen. Eine Verschwörungserzählung, die für unsere Demokratie destabilisierend wirkt.
Eine Verschwörungserzählung, die darauf abzielt Demokratie und Mitbestimmung, Gleichstellung und Toleranz in Frage zu stellen, den Staat als solches in Frage zu stellen. Eine Verschwörungserzählung, die aus Sicht von vielen Extremismusforscher:innen antisemitisch ist, die aus dem rechtsextremen Spektrum kommt. Die verwendete Sprache ist zudem verräterisch: “Systemparteien” oder “die Eliten” hatten bereits in der NS-Propaganda ihren festen Platz. Das fehlende Verständnis für diesen historischen Kontext verwundert mich aber leider nicht weiter, wir sind das ja schon fast gewohnt.
Ich könnte mich zurücklehnen, und mich auf die Absurdität der Behauptungen verlassen, so wie das immer wieder von mehreren Seiten vorgeschlagen wird. Das wäre bequem, aber gefährlich. Denn in Zeiten großer Krisen sehnen sich Menschen nach einfachen Antworten mit einem klassischen Schwarz/Weiß-Schema bei dem Gut und Böse klar dekliniert sind. Ich könnte mich auch darauf verlassen, dass diese Erzählungen aus einer bestimmten Echokammer nicht herauskommen werden, aber dazu ist es spätestens jetzt mit dieser Anfrage auch schon zu spät. Also müssen wir uns damit beschäftigen.
Ebenso wie wir uns auch damit beschäftigen müssen, dass Hauser am 9. Juli in Wien bei einer Anti-Maßnahmen-Demo in Wien aufgetreten ist. Das Gute: es waren kaum Demonstrant:innen vor Ort, laut Beobachter:innen auf Twitter ein paar hundert Menschen aus ganz Österreich. Das Schlimme: die Dichte an QANON-Anhänger:innen und Putinversteher:innen war entsprechend, ebenso die altbekannten Teilnehmer:innen aus dem rechtsextremen Spektrum im Land, die mit Anwesenheit glänzten. Mittendrin Gerald Hauser, der sich dort auf der Bühne als Kämpfer gegen „die Eliten“ abfeiern ließ. Natürlich medial begleitet von den eh üblichen so genannten Alternativmedien, die natürlich Hauser als einen der Ihren pushen und in den Fokus rücken. Hauser ist damit ein zentrales Bindeglied für Verschwörungserzähler hinein ins Hohe Haus geworden. Er hat offenbar kein Problem mit Putinverstehern, extremen Rechten und Identitären. Er hat auch kein Problem damit, dass dieses Narrativ demokratieschädigend sein kann.
Womit wir wieder bei der Verantwortung wären, die wir alle haben. Im Fall des Osttiroler Abgeordneten sogar in doppelter Hinsicht, weil ja einmal als Lehrer (zum Glück aktuell freigestellt) und dann auch als Politiker im obersten Entscheidungsgremium unserer Demokratie. Es wäre daher gut, wenn er seiner Verantwortung endlich gerecht wird, anstatt Verschwörungserzählungen nicht nur zu übernehmen, sondern auch zu verbreiten. Dieselbe Frage sollten sich darüber hinaus die 4 anderen Abgeordneten stellen, die mithelfen Hausers krude Weltsicht zu legitimieren und zu verbreiten. Just saying.
PS. Ich für meinen Teil würde ja alle Fragen nach der Rolle „der Eliten“ bei der Pandemie in der Anfrage wie folgt beantworten: „Leider können wir Ihnen dazu keine Auskunft geben, unsere reptiloiden Beherrscher, denen wir verantwortlich und verbunden sind erlauben dies leider nicht.“. Leider ist davon auszugehen, dass eine solche Antwort vielleicht sogar ernst genommen werden würde. Jedenfalls würde sie wohl der Würde des Hauses widersprechen. Wie das mit dem Stellen solcher Anfragen und der Würde des Hauses wiederum ist, das überlasse ich der Bewertung jeder und jedes Einzelnen.