Gestern Abend wurde meine Kollegin und Klubchefin unseres Nationalratsklubs Sigi Maurer tätlich angegriffen. Zuerst beschimpft, dann wurde ihr ein Glas ins Gesicht geschlagen. Sigi ist zum Glück nichts passiert. Dieser Angriff auf sie ist nicht die erste Attacke auf sie, wir erinnern uns an den Bierwirt oder die ständigen Angriffe auf sie nach der Auseinandersetzung mit Peter Pilz, und auch sonst ist sie die ständige Zielscheibe von Hass uns Angriffen auf ihre Person.
Dass diese Attacken zu verurteilen sind, versteht sich. Wer mit Argumenten nicht weiter kommt, die/der macht andere verächtlich, unterstellt ihnen etwas, geht auf die Personen als solches los, und greift leider auch zur Gewalt. Was den Attackierenden gestern dazu getrieben hat zu tun, was er getan hat, weiß ich nicht. Um ehrlich zu sein interessiert es mich auch nur peripher, weil ich dafür schlicht und ergreifend kein Verständnis habe, und ich auch keinen Grund sehe es zu relativieren. Das gilt auch für all die anderen ständigen – oft sexualisierten – Attacken auf unsere Klubobfrau. Nein, ich will und werde es nicht nachvollziehen, diese Angriffe sind schlicht und ergreifend abzulehnen. Auch wenn ich 100-mal nicht einer Meinung mit jemanden bin, aber es geht nicht mein Gegenüber dafür verächtlich zu machen oder gar körperlich anzugreifen.
Die Frage, die bei all dem als weißer Elefant im Raum steht: was müssen Politiker:innen – insbesondere Politikerinnen – aushalten? Quasi: was gehört zum Job dazu? Das Glas ins Gesicht gehört nicht in diese Kategorie. Was ist mit einer Waschbetonplatte in die Windschutzscheibe eines Autos? Geht nicht, oder? Ist einem Freund von mir passiert, die Täter:innen sind bis heute nicht ermittelt. Die Reaktionen waren aber nicht so eindeutig, wie man meinen möchte, nicht so wenige die dann so tun, als ob man selbst auch etwas Mitschuld trägt. Dieses Phänomen des „Victimblaming“ ist da sowieso eine eigene Kategorie, auch beim Angriff auf Sigi Maurer kann man das in den einschlägigen Foren nachlesen, auch da versuchen einige zumindest den Eindruck zu erwecken, dass unsere Klubobfrau damit leben müsse, dass sie gefährdet ist. Gleiches bei dem oben genannten Beispiel mit der zerstörten Windschutzscheibe. Selbst Schuld sinngemäß, wenn man sich mit Leuten anlegt, und seine Meinung nicht hinter dem Berg hält.
Dass es auch anders geht, habe ich auch schon gesehen. Eine tote Ratte in einem als Amazon-Paket vor der Türe abgestellten Karton ist aus meiner Sicht ein eindeutiges Zeichen. Die Reaktionen drauf waren dann schon okay, weil jede und jeder das entsprechend ablehnte, und keinEr davon sprach, dass es zumindest eine Teilschuld an dieser Eskalation gäbe. Dass dem so ist, ist aber wohl dem Umstand geschuldet, dass ich das bis heute nicht an die große Glocke gehängt habe, und nur wenige davon wissen. Auch das kommt dann nämlich zum Tragen: man will vielleicht gar nicht das Thema groß machen, weil Victimblaming und „gehört halt zum Job dazu“ als Reaktionen kommen können, und werden…